Interessant ist vielleicht der nachstehende Artikel aus dem Handelsblatt vom 28.03.:
28.03.2006 Nebensache Fußball Warum der neue Bezahlsender Arenadie Bundesliga zu Discountpreisen verkaufen will. H.-P. SIEBENHAAR | J. HOFER | MÜNCHEN Der Höhepunkt der Show sind die fünf Models in Kniestrümpfen, knappen Höschen und weißen T-Shirts: Auf ein Kommando drehen sie sich herum und auf ihren Rücken prangt „14,90“. Das ist sie also, die neue magische Zahl des deutschen Fußballs.
Man kennt solche mauen Gags aus dem Werbefernsehen. Aber Bernard de Roos ist zufrieden. Ein „großer Moment“ sei das, „wir machen Fußball wieder bezahlbar“. Wie locker ihm das gelingt, signalisiert der Chef von der blutjungen TV-Firma Arena schon mit seinem Outfit: einem legerer Freizeitanzug aus Baumwolle.
Bernard de Roos, der Niederländer, der im Dezember überraschend die Übertragungsrechte für den deutschen Profi-Fußball ergatterte, geht unter die Discounter: Bundesliga live für 14,90 Euro Abogebühr im Monat. Wer in Hessen oder Nordrhein-Westfalen wohnt, kommt sogar mit 9,90 Euro davon, weil die beiden regionalen Kabelnetzbetreiber Ish und Iesy mit hinter Arena stecken. Das ist weit weniger als die Hälfte von dem, was Pay-TV-Platzhirsch Premiere bisher für Live-Fußball berechnet. Um Fußball geht es Arena jedoch nur am Rande. Das Dumpingangebot hat vor allem einen Zweck: Es soll dem Arena-Eigner Unity, dem zweitgrößten Kabelkonzern des Landes, neue Märkte erschließen. Triple Play heißt das neue Zauberwort — Fernsehen, Internet und Telefonie aus einer Hand mit Mehrfachverwertung von Inhalten. Die Ware Fußball soll die Kunden ködern. Die Bundesliga, der wertvollste Bildschirmfüller des Landes, ist nur ein teures Mittel für einen viel größeren Zweck. Das ultimative Ziel der Geldgeber von Unity ist ein Börsengang oder ein Weiterverkauf. „Denen war schon beim Kauf klar, dass die Rechte über Abos nicht refinanzierbar sind“, heißt es in Bundesliga-Kreisen.
Die vielen Hintergedanken machen nicht nur Deutschlands Fußballbosse so langsam nervös, sie bedrängen auch immer stärker den börsennotierten Bezahlsender Premiere.
Die große Wette des Bernard de Roos beginnt am 22. Dezember 2005. 24 Stunden zuvor hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) der verblüfften Öffentlichkeit mitgeteilt, dass die völlig unbekannte Firma Arena die Übertragungsrechte für die nächste Saison bekommt — und nicht Premiere.
Um 13 Uhr an jenem Tag sitzt de Roos in der Allianz Arena vor einem Dutzend Kameras. N24 und N-TV übertragen live — und die Fußballnation rätselt. De Roos weiß, was die Fans hören wollen: „Fußball für alle“, gelobt er. Und: „Fußball ist gesellschaftlich wichtig. Wir sind uns dessen bewusst.“ In der folgenden Stunde beantwortet der Wahlschweizer alle Fragen zum Sendekonzept von Arena mit Variationen dieser Sätze. Die kargen Worte sind eine Drohung — gegen Premiere. Denn Arena möchte das Fußballgucken billiger anbieten als die Münchener TV-AG. Mit der Discountstrategie macht Bernard de Roos tatsächlich Ernst.
Für den Arena-Chef wird es nun hektisch. 600 Meilensteine gibt der Projektplan bis zum Sendeauftakt vor. Kein Wunder, schließlich fehlt Arena fast alles, was es fürs Fernsehmachen braucht: Lizenzen, Übertragungswege, Vermarktungskapazität, Redakteure, Techniker.
Die meiste Arbeit für de Roos erledigen die Mitarbeiter der Arena-Mutter Unity in Köln. In München, am eigentlichen Firmensitz, hat Arena nur ein kleines Büro in der Innenstadt — allerdings mit einer für die Konkurrenz symptomatischen Adresse: Löwengrube 12. Das ist nur einen Steinwurf entfernt von den Räumen der Medienmagnaten Leo Kirch und Herbert Kloiber, dem langjährigen Partner von Bernard de Roos.
Gespannt beobachtet die Branche, wie de Roos die Bundesliga auf den Bildschirm bringen will. „Inhaltlich ist das kein Hexenwerk. Viel schwieriger zu regeln ist das, was außerhalb des Einflusses von Arena liegt“, sagt DSF-Chef Hüther. Zum Beispiel die Reichweite: Hier ist Unity auf den Konkurrenten Kabel Deutschland angewiesen. Aber die Verhandlungen mit KDG über einen Zugang zu deren zehn Millionen Kunden ziehen sich. Mehrfach hat Arena schon verkündet, ein Abschluss stehe kurz bevor. Bislang ist nichts daraus geworden. Ohne KDG fehlt Arena aber ein wichtiger Baustein.
Immerhin: Ein paar Hausaufgaben hat de Roos erledigt. Schlüsseljobs sind besetzt: Albrecht Schmitt-Fleckenstein, Ex-Sportchef von Sat 1, ist neuer Redaktionsleiter, der populäre ARD-Sportkommentator Günther Koch Stadionreporter. Und Dejan Jocic, ehemaliger — allerdings erfolgloser — Chef des Spielfilmkanals Pro Sieben verantwortet das Programm. Ein Vertrag mit dem Luxemburger Satellitenbetreiber SES Astra stellt sicher, dass die Bundesliga-Spiele über Satellit ausgestrahlt werden können.
Dennoch bleiben Deutschlands Fußballmächtige reserviert. Als de Roos gestern Morgen den Managern der 36 Profivereine von Bayern München bis Sportfreunde Siegen seine Pläne erläutert, ist der Empfang kühl. Zu viele Fragen bleiben unbeantwortet. „Das ist hier nichts als ein Zwischenstand“, sagt ein Teilnehmer.
Da helfen auch die bunten Vereinsfahnen nicht viel, die de Roos im Münchener Messezentrum von Jugendlichen über die Bühne tragen lässt. Die ganze Messehalle vier hat Arena gemietet, satte 4 000 Quadratmeter. Vor der Türe defilieren schwarze Audis Typ A8.
Die Nervosität unter den Bundesligamachern steigt. Nur noch vier Monate sind es zum Anpfiff der neuen Saison. DFL-Chef Seifert hat dafür Verständnis: „Wenn man mit der Vergabe der Rechte an einen Kabelkonzern einen Systemwandel vollzieht, ist es doch logisch, dass bei den Klubs einige Fragezeichen entstehen.“ Der Ex-Karstadt-Manager versichert: „Ich spüre keine Beunruhigung bei den Klubs.“
Wenn er sich da mal nicht täuscht. Möglichen Nörgeleien baut Seifert denn auch vor: „Die Entscheidung, die Live-Spiele an Arena zu vergeben, ist sowohl im Ligavorstand als auch in der Mitgliederversammlung der Klubs einstimmig gefallen.“ Dafür zahlt Arena den Rekordpreis von 210 Millionen Euro pro Saison.
Auch der DFL-Chef sitzt gewissermaßen im Boot von Arena. Denn Seifert gibt sich überzeugt, dass die Fußballvermarktung dank Arena vor einer neuen Ära steht: „In Zukunft werden wir noch stärker vom Wettbewerb zwischen Fernsehen, Kabel und Telekom profitieren. Die Zeiten werden nicht schlechter. Denn Technologie braucht Inhalt — und die Bundesliga ist der populärste und krisensicherste Content in Deutschland.“
Der Weg zum Dukatenesel Triple Play ist allerdings noch weit. Von den über fünf Millionen Haushalten, die Arena-Eigner Unity in Deutschland versorgt, gibt es gerade mal knapp 120 000 Kunden für das digitale Fernsehen, und nur 35 000 verfügen über einen schnellen Internetanschluss. Arena-Chef de Roos gibt sich in München alle Mühe, die Vereinsmanager zu beruhigen. Schließlich bürgt die Deutsche Bank für die kompletten Rechtegebühren — die Liga muss um ihre Millionen nicht fürchten.
Fürchten vor Bernard de Roos muss sich vor allem Georg Kofler. Der Premiere-Chef, der 15 Jahre Bundesliga live zeigte, ist der Hauptgegner von Arena — und er gerät immer weiter in die Defensive.
Denn durch einen Umweg über Österreich hat ihn de Roos ausgebootet. Weil Premiere bei der Verschlüsselung über das Sendezentrum von Astra — das der Satellitenbetreiber vergangenes Jahr vom Pay-TV-Sender übernahm— noch auf Mitspracherechte pocht, hätte Arena wohl mit Kofler kooperieren müssen.
Nun hat de Roos einen Vertrag mit dem österreichischen ORF geschlossen und Kofler steht mit leeren Händen da. Der öffentlich-rechtliche Sender wird die Bilder der Traumtore von Klose, Kuranyi, Ballack & Co. für Arena künftig verschlüsseln und per Satellit zurück nach Deutschland senden. So kann Arena 15 Millionen Satellitenhaushalte in Deutschland erreichen. De Roos: „In drei Jahren wollen wir die Abonnentenzahl von Premiere erreichen.“ Das wären 3,5 Millionen.
Wie der ORF-Deal zu Stande kam, verrät, wer wirklich das Sagen hat im deutschen Fußball. Bei den Verhandlungen, die teilweise in bis zu vierstündigen Telefonkonferenzen mit Wien gipfelten, saßen auch die Vertreter der Finanzinvestoren am Tisch, die hinter Unity und Arena stehen: Apollo und BC Partners.
Deren Statthalter bei Arena, der Brite Parm Sandhu, offiziell der Chef von Arena, hielt sich in München im Hintergrund. Aber er hat seine eigene Agenda, wie ein Geschäftspartner sagt: „Apollo und BC Partners wollen in den nächsten Jahren Unity verkaufen oder an die Börse bringen.“
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