Wütende Aktionäre auf Premiere-HV
Seit einem Jahr ist der Kurs von Premiere fast um 90 Prozent eingebrochen. Dementsprechend sauer sind die Aktionäre auf der Hauptversammlung des Pay-TV-Senders. Nicht einmal "Kaiser" Franz Beckenbauer kann sie beruhigen. Der neue Premiere-Chef Mark Williams appelliert an die Aktionäre
Per Video-Botschaft warb Beckenbauer für die Fortführung des Senders. Der "Kaiser" lobte die Vorzüge von Premiere und seine Bedeutung für die Bundesliga. Die Aktionäre schien das nicht zu beeindrucken. "Herr Beckenbauer versteht von Aktienrecht vermutlich so wenig wie ich von Fußball, nämlich nichts", sagte ein Kleinaktionär.
Mehrere Aktionäre und Aktionärsschützer machten ihrem Ärger Luft. "Wir sind von der Unternehmensführung belogen und getäuscht worden", beklagte Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) auf der außerordentlichen HV am Donnerstag in München. Besonders die lange Zeit geschönten Abonnenten-Zahlen des Senders seien "ein Skandal", schimpfte er. Im vergangenen Jahr hatte Premiere zahlreiche Karteileichen aus den Beständen geworfen und so die Kundenzahl um fast eine Million nach unten korrigiert. Zuletzt hatte der Sender rund 2,4 Millionen Abonnenten. Um rentabel zu arbeiten, bräuchte Premiere aber mindestens drei Millionen Abonnenten.
"Ich will mein Geld zurück"
Wegen der Manipulationen mit den Abonnenten-Zahlen wollen die SdK und einige Aktionäre die früheren Vorstandschefs Georg Kofler und Michael Börnicke zur Rechenschaft ziehen. Bauer von der SdK forderte den Aufsichtsrat auf, mögliche Schadenersatzansprüche gegen die früheren Top-Manager zu prüfen. Drastischer drückte sich ein Kleinaktionär aus. "Wir sind hier ganz klar betrogen worden. Herr Kofler soll sein Geld herausrücken", verlangte er.
Aktionärsschützer Bauer bezweifelt, ob der neue Vorstandschef Mark Williams Premiere wieder in die schwarzen Zahlen zurückführen kann. "Wir haben gehört, dass wieder Gewinne gemacht werden sollen, aber wie das geschehen soll, ist unklar." Das Geschäftsmodell des Pay-TV-Senders funktioniere in Deutschland anscheinend nicht.
Aktionäre sollen über Kapitalerhöhung abstimmen
Das sieht Williams natürlich anders. "Nach unseren ersten operativen Erfolgen entwickelt sich das Geschäft in die richtige Richtung", sagte er auf der HV. Konkreter wurde er nicht. Um den Turnaround zu schaffen, sollen die Aktionäre eine zweite Kapitalerhöhung absegnen. Sie soll dem Unternehmen 412 Millionen Euro in die Kassen spülen. Bereits im Januar hatte Premiere eine Kapitalerhöhung in Höhe von 38,4 Millionen Euro durchgesetzt.
Williams appellierte an die Aktionäre, der Kapitalspritze zuzustimmen. "Eröffnen Sie uns die Chance, Premiere in ein erfolgreiches Unternehmens zu transformieren", sagte er. Die Ausgabe der neuen Aktien sei für das Unternehmen überlebenswichtig, da nur dann neue Kredite an das Unternehmen flössen.
Die heimliche Machtübernahme von Murdoch
Eine Zustimmung der Aktionäre für die erneute Kapitalerhöhung gilt trotzdem als wahrscheinlich, da Großaktionär Rupert Murdoch über seinen Konzern News Corp. 29 Prozent der Anteile an Premiere kontrolliert. Murdoch hatte sich im Vorfeld bereit erklärt, alle neuen Aktien zu zeichnen, die nicht von anderen Aktionären abgenommen werden. Sollte Murdoch tatsächlich einen Großteil der neuen Aktien erwerben, würde er die Mehrheit bei Premiere übernehmen. Ein Pflichtangebot an die restlichen Premiere-Aktionäre wäre allerdings nicht fällig. Die Finanzaufsicht BaFin hat Murdoch von dieser Auflage befreit.
Im Dezember war der Abo-Sender knapp an der Pleite vorbeigeschrammt. Kurz vor Weihnachten hatte sich das MDax-Unternehmen mit den Banken und Murdoch auf eine neue Finanzierung geeinigt.
Die Äußerungen des Premiere-Chefs stimmen die Börsianer aber etwas zuversichtlicher. Die Aktie legt um knapp drei Prozent auf 1,84 Euro zu. Beim Börsengang Anfang 2005 hatte der Ausgabekurs noch bei 28 Euro gelegen.
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