RTL will Regionalprogramme ins Digitalfernsehen verlegen
Neuer Sender soll Lokalnachrichten zwischen 17 und 20 Uhr zeigen
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Der Kölner Privatsender RTL plant, seine Regionalprogramme vom RTL-Hauptprogramm ins Digitalfernsehen zu verlegen. Das sagte der Bereichsleiter Medienpolitik bei RTL, Tobias Schmid, der 'Süddeutschen Zeitung' (Mittwochsausgabe). Schmid stellt derzeit das Modell in Staatskanzleien der Landesregierungen vor. Es handle sich dabei um "eine Art Drittes Programm", sagte Schmid. Viele der Gesprächspartner hätten das neue Konzept "positiv aufgenommen". Der neue Kanal soll an den Start gehen, sobald 50 Prozent aller Fernsehhaushalte in Deutschland digitale Programme empfangen können. Das sei voraussichtlich Mitte bis Ende 2008 der Fall.
Vor zehn Wochen strickte RTL, Deutschlands größter Privatsender, sein Vorabendprogramm um. Das Publikum hatte gerne 'Verliebt in Berlin' auf Sat1 geschaut und nicht so gerne das eigene 'Explosiv'. Also verlegte RTL-Chefin Anke Schäferkordt das Boulevardmagazin von 19:05 Uhr auf 18 Uhr und setzte gegen Verliebt in Berlin die rührselige Daily Soap 'Alles, was zählt'. Sie freute sich über eine "starke Informationsschiene", da auf 'Explosiv' um 18:30 Uhr das Klatschmagazin 'Exclusiv' folgt.
Dieses neue Angebot geht allerdings an vielen RTL-Zuschauern vorbei. Wer in Hamburg oder Schleswig-Holstein, in Bremen oder Niedersachsen, in Hessen oder Nordrhein-Westfalen, in Bayern oder dem Rhein-Neckar-Gebiet lebt und sein TV-Programm nicht via Satellitenschüssel empfängt, sieht statt Explosiv Nachrichten aus der Provinz. Die dortigen Medienbehörden haben den Kölner Sender verpflichtet, werktags von 18Uhr an eine halbe Stunde Regionales zu zeigen - das war der Preis dafür, dass RTL Zugang zu Frequenzen über die Hausantenne und im Kabel fand. Das RTL-Regionalprogramm allerdings erfreut sich eher geringer Beliebtheit - ein guter Teil des Publikums zappt weg.
Nun glaubt man in der Kölner Senderzentrale eine Lösung für das leidige Problem mit dem Regionalen gefunden zu haben. Bereichsleiter Medienpolitik Tobias Schmid stellt sie dieser Tage in den Staatskanzleien der Bundesländer vor. Viele seiner Gesprächspartner, sagt er, hätten das RTL-Konzept "im Ansatz positiv aufgenommen".
Das neue Modell sieht im Kern vor, die Regionalprogramme vom RTL-Hauptprogramm ins Digitalfernsehen abzuschieben. Schmid schwebt ein eigener Regionalkanal vor, "eine Art Drittes Programm". Auf dem neuen Sender sollen zwischen 17 und 20 Uhr nacheinander live News aus jenen Landstrichen gezeigt werden, in denen RTL medienrechtlich zur Ausstrahlung von Regionalsendungen verpflichtet ist. Anschließend sollen die Sendungen in einer Endlosschleife wiederholt werden, bis am darauf folgenden Tag von 17 Uhr an wieder neue Ausgaben der Regionalnachrichten über den geplanten Digital-Kanal flimmern.
RTL-Manager Schmid hält es für sinnvoll, den neuen Kanal zu starten, wenn mindestens 50 Prozent aller Fernsehhaushalte digitale Programme empfangen können - das sei Mitte oder Ende 2008 der Fall. Wichtig ist ihm, dass "keiner verliert". So sollen die Bundesländer mitgestalten können - und womöglich mitbestimmen, was auf dem neuen Kanal an Wochenenden und Feiertagen laufen soll, wenn die Regionalprogramme Sendepause haben. Und weil durch einen digitalen Regionalkanal Verbreitungskosten entfallen würden, sind die Kölner bereit, das gesparte Geld in ein zusätzliches Regionalprogramm zu investieren: Es soll entweder für Baden-Württemberg und das Saarland oder aber für die fünf neuen Bundesländer produziert werden.
In der RTL Group, die derzeit Personal und Gelder so stark spart, dass sich mancher Mitarbeiter in einer "Sparkasse" wähnt, gilt der neue Coup als eine weitere Maßnahme, die Effizienz zu steigern. Manager Schmid dagegen sagt, am finanziellen Aufwand für das eigene Regionalfernsehen ändere sich nichts.
Einst waren die Regionalfenster als kleine Gegenmittel gegen die große Konzentration auf dem TV-Markt gedacht, der von nur zwei Konglomeraten - RTL Group und Pro Sieben Sat1 - dominiert wird. Auch künftig mag RTL nicht auf so genannte "Bonuspunkte" verzichten, die ein Großsender erhält, wenn er die Regionalprogramme ausstrahlt. Damit können die beiden Senderfamilien ihren hohen Marktanteil gewissermaßen künstlich herunterrechnen lassen.
Mit den neuen Plänen für einen Regionalkanal versteht sich RTL als Vorreiter. Absprachen mit Sat 1, das ebenfalls im Hauptprogramm Regionales zeigen muss, habe es nicht gegeben. Beim Rivalen heißt es, man betrachte den RTL-Vorstoß mit Interesse, konkrete Pläne für einen eigenen Regionalkanal gebe es nicht.
Ist der Leidensdruck bei Sat 1 geringer? RTL-Mann Schmid räumt ein, die "fehlende Flexibilität im Vorabendprogramm" sei ein Problem. Entscheidend aber sei, dass die Regelungen für Regionalprogramme völlig überholt seien. Er spricht von "politischen, juristischen und technischen Problemen". So sei unklar, warum einige Länder Anspruch auf ein Regionalprogramm hätten und andere nicht. All diese Probleme will Schmid mit seinem digitalen Regionalkanal beseitigen. Womöglich aber schafft er ein neues: RTL will sein digitales Bouquet nur Zuschauern zugänglich machen, die bereit sind, monatlich 3,50 Euro zu zahlen. RTL-Regional würde so zum Pay-TV. (as)
Quelle:
http://de.internet.com/index.php?id=2046344§ion=Marketing-News